DFK-Newsletter 32 (März 2003)
DFK-NEWSLETTER März 2003
Datum: 24.03.2003
Inhalt:
1. Aktuelles von der DFK-Homepage
2. Präventionsnews
3. Termine
4. Verschiedenes
1. Aktuelles von der DFK-Homepage
DFK Symposium am 7. März 2003 in Berlin: Erziehen zur Toleranz, um Hasskriminalität zu verhüten
Erziehung zur Toleranz muss darauf zielen, die vielen unterschiedlichen Arten des Andersseins zu dulden. Hierin ist eine wertvolle Aufgabe der primären Prävention zu sehen – so lautet das Ergebnis des internationalen Symposiums zum Thema „Primäre Prävention von Gewalt gegen Gruppenangehörige: nationale und internationale Erfahrung mit der Prävention von Hasskriminalität“. Das Symposium hat am 07. März 2003 auf Einladung des Deutschen Forums für Kriminalprävention (DFK) mit der Bundesministerin der Justiz, Brigitte Zypries, in Berlin statt gefunden. Wissenschaftler und Praktiker berichteten von ihren Erfahrungen, wie Hasskriminalität zu bekämpfen ist. „Kinder und Jugendliche müssen so früh wie möglich zur Toleranz erzogen werden“, sagte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries. „Dies ist ein wichtiger Schritt, um Hasskriminalität erfolgreich zu verhüten.“
Hasskriminalität ist Gewaltkriminalität, die sich gegen Personen oder Sachen richtet. Motiv für diese Taten ist die Rasse, Religion, ethnische Zugehörigkeit, das Geschlecht, die politische oder sexuelle Orientierung, das Alter oder die Behinderung des Opfers. Die gefährdeten Gruppen werden also angegriffen, weil sie einen symbolischen Status haben und einer dem Täter fremden sozialen Gruppe angehören. Die Teilnehmer des Symposiums betonten, dass Hasskriminalität ein weltweites Problem ist und in Deutschland nicht nur die Gewalttaten von Rechtsextremisten gegen ausländische Mitbürgerinnen und Mitbürger meint. Beispiele für Intoleranz, Herabsetzung und Entwürdigung des Anderssein gibt es viele. Erziehung zur Toleranz darf sich demzufolge nicht nur auf Teilaspekte – etwa Toleranz gegen Ausländer – beschränken, sondern muss alle Formen des Andersseins berücksichtigen.
Bundesjustizministerin Zypries: „Bei der Gewaltprävention geht es vor allem darum, Kindern beizubringen, mit Aggressionen und Konflikten umzugehen und ihnen ein gesundes Selbstbewusstsein zu vermitteln. Eltern, Erzieher und Lehrer müssen hierzu entsprechend ausgebildet und bei dieser Aufgabe unterstützt werden. Das DFK leistet mit seinem Projekt einen wertvollen Beitrag zur Verankerung dieses Gedankens in der Bevölkerung. Auf die Ergebnisse des Projektes im September 2003 darf man gespannt sein.“
Das Bundesministerium der Justiz hat dem DFK 2001 den Auftrag gegeben, das Projekt „Primäre Prävention von Gewalt gegen Gruppenangehörige, insbesondere junge Menschen“ durchzuführen. Das Symposium war ein Teil dieses Forschungsvorhabens. Für das Projekt hat das DFK außerdem eine kriminologische Dokumentation und ein psychologisches Gutachten eingeholt sowie eine interdisziplinär besetzte Projektgruppe von Wissenschaftlern und Praktikern eingesetzt, die bereits erste Ergebnisse erzielt hat. Zwei wichtige Eckpunkte der Prävention von Hasskriminalität sind:
Die Prävention muss während der Kindheit und Jugend die Risikofaktoren vermindern und die Schutzfaktoren erhöhen. Das heißt, die primäre bzw. soziale Prävention muss ausgebaut werden.
Erfolgreiche Programme richten sich an mehrere Systeme gleichzeitig (Familie, Schule etc.), integrieren verschiedene Dienste (Jugendamt, Schule, offene Jugendarbeit) und sind auf längere Zeit angelegt.
(Pressemitteilung des Bundesministeriums der Justiz vom 07.03.2003)
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DFK Projektauftrag für eine wissenschaftliche Studie „Wirksamkeit technischer Einbruchsprävention bei Wohn- und Geschäftsobjekten“
Das Deutsche Forum für Kriminalprävention (DFK) hat im März 2003 beim Lehrstuhl Kriminologie Ruhr-Universität Bochum (Professor Dr. Feltes) eine wissenschaftliche Studie „Wirksamkeit technischer Einbruchsprävention bei Wohn- und Geschäftsobjekten“ in Auftrag gegeben.
Ziel ist es, Erkenntnisse für die Fortschreibung von Empfehlungen für präventive technische Maßnahmen der Einbruchssicherung bei Wohn- und Geschäftsobjekten zu gewinnen.
Die Empfehlungen sollen geeignet sein und dazu beitragen, die Sicherheit und das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung zu erhöhen.
In der wissenschaftlichen Untersuchung werden die bisherigen Erkenntnisse zur Wirksamkeit technischer Einbruchsprävention aufbereitet und zusammengeführt. Durch primäre Forschung sollen neue Erkenntnisse zu Motivation, Planungs- und Tatverhalten professioneller Täter gewonnen und daraus Schlussfolgerungen für Empfehlungen zu technischen Präventionsmaßnahmen abgeleitet werden.
Ausgehend von der Überlegung, dass absoluter – technischer - Einbruchschutz für alle Bürger weder bezahlbar ist noch für eine freie und offene Gesellschaft erreichbar und wünschenswert ist, kommt es darauf an, Risiken differenziert herauszuarbeiten und spezifische präventive Anregungen für den technischen Einbruchschutz daraus abzuleiten.
Projektteile sind eine Bestandsaufnahme der bisherigen Erkenntnisse, die Erhebung und Analyse neuer Erkenntnisse und - als Schlussfolgerungen - die Beschreibung der wirksamen Möglichkeiten technischer Einbruchsprävention.
Inhaltliche und methodische Schwerpunkte der Studie sind primäre Erhebungen bei inhaftierten Tätern, bei polizeilichen Sachbearbeitern, Sachbearbeitern der Versicherungswirtschaft und Vor-Ort-Analysen bei von Einbrüchen / Einbruchsversuchen betroffenen Wohn- bzw. Geschäftsobjekten.
Die Studie wird vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. gefördert.
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DFK und Goldener Spatz: Gewaltpräsentation (k)ein Thema für Kinderfilm und Fernsehen? Kurzfilme und Podiumsdiskussion am 10.4.2003, 16.00 Uhr – 17.30 Uhr
In der Zeit vom 2. bis 11. April 2003 findet das Deutsche Kinder-Film und & Fernseh- Festival 2003 in Erfurt und Gera statt. Für den 10. April 2003, von16.00 Uhr – 17.30 Uhr, im CineStar 4, in Erfurt, hat das DFK gemeinsam mit dem Veranstalter, der Stiftung Goldener Spatz, eine Präsentation von zwei Kurzfilmen mit anschließender Podiumsdiskussion vorbereitet.
Gewalt ist ein gesellschaftliches Thema, dass auch im Kinderfernsehen und –film immer wieder aufgegriffen und umgesetzt wird. Auch wenn das genaue Ausmass der Gewalt im Fernsehen auf die tatsächliche Gewaltbereitschaft von Kindern und Jugendlichen nicht genau in Zahlen nachgewiesen werden kann, bestreitet mittlerweile kaum jemand mehr, dass ein negativer Einfluss besteht.
Unrealistisch ist die Vorstellung einer gewaltfreien Film- und Fernsehlandschaft. Aber wie können die Medien zur Prävention von Gewalt und Missbrauch beitragen. Möglichkeiten der Gewalt sinnvoll und erfolgreich bereits im Vorfeld zu begegnen gibt es unzählige, sie sind jedoch nur selten über eine Fachöffentlichkeit hinaus bekannt. Welche Rolle können die Medien dabei übernehmen, diese Möglichkeiten stärker einem breiten Publikum zugänglich zu machen? Mit den beiden Kurzfilmen „Trau Dich“ und „Kennst Du das auch? Wahre Geschichten von Zu Hause“ werden zwei Filmbeispiele präsentiert, die zur Gewaltprävention in Schule und Sozialarbeit eingesetzt werden.
Aber wie kann es gelingen, dass sich Film- und Fernsehmacher, Drehbuchautoren, Regisseure, Produzenten und Programmverantwortliche stärker für die filmische Umsetzung verschiedenster Aspekte der Gewaltprävention im Kinderfilm und Fernsehen interessieren? Wie kann Gewaltprävention spannend, interessant und unterhaltsam aufgearbeitet werden, ohne belehrend oder aufreisserisch zu wirken? Wann ist ein Fernsehsender bereit Filme und Sendungen mit Inhalten zur Gewaltprävention auszustrahlen? Warum ist das Interesse in den Filmmedien an Gewaltprävention bisher so gering? Fehlt es nur an Informationen zur Gewaltprävention oder gibt es andere Gründe? Diese Fragen sollen in der Podiumsdiskussion angesprochen werden, in der VertreterInnen unterschiedlicher Präventionseinrichtungen sowie Vertreter aus der Film und Fernsehbranche teilnehmen.
Weitere Informationen erhalten Sie auf unserer Homepage.
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Informationen von der website des Europäischen Netzwerkes für Kriminalprävention (EUCPN)
Als Informationsquelle zu Strategien, Aktivitäten und Projekten der Kriminalprävention in Europa hat das "European Crime Network (EUCPN)" eine website eingerichtet, die noch provisorischen Charakter hat und fortlaufend ergänzt bzw. aktualisiert wird. Die Website ist abrufbar unter http://europa.eu.int/comm/justice_home/eucpn oder über die DFK- Homepage: Service --> Links --> Prävention in Europa --> European Crime Network EUCPN.
Unter dänischer Präsidentschaft fand am 07./08.10.02 in Aalborg/Dänemark erstmalig eine „good-practice-Konferenz“ des EUCPN statt, an der auch Praktiker aus den Mitgliedstaaten teilnahmen. Insgesamt wurden 36 Projekte zu den Schwerpunktthemen Jugendgewalt Einbruchdiebstahl Raubüberfälle im Zusammenhang mit Drogenkriminalität zusammengetragen. In den themenorientierten Workshops bestand Gelegenheit zum Erfahrungs- und Informationsaustausch. Einzelne Projektberichte können über die EUCPN website  „good practices“ abgerufen werden. Zukünftig sollen „good-practice-Konferenzen“ im jährlichen Rhythmus stattfinden, das nächste meeting im zweiten Halbjahr 2003 in Italien. Die Themen werden Mai von den Nationalen Repräsentanten des EUCPN festgelegt. Anschließend wird in Deutschland eine entsprechende Abfrage im Hinblick auf die Präsentation deutscher Projekte gestartet.
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2. Präventionsnews
Fünfte Erfurter Ringvorlesung „Terror und Gewalt“
Prof. Dr. Christian Pfeiffer zum Thema "Zur Biographie von Gewalt und Zivilcourage" am 12. Februar 2003 (Auszüge):
Chistian Pfeiffer beginnt kontrafaktisch, indem er Erkenntnisse über die Voraussetzungen für couragiertes Verhalten aufzeigt, um dann auf die Einflußfaktoren männlicher Gewaltkriminalität einzugehen. Von besonderer Bedeutung sind die negativen Folgen eines von medialen Gewaltexzessen geprägten Filmkonsums durch Kinder und Jugendliche. Eine wesentliche Aufgabe staatlicher und gesellschaftlicher Gewaltprävention liegt in einer verbesserten Gewährleistung des Jugendschutzes nicht nur durch gesetzliche Regelungen.
Auszüge aus der veröffentlichten Vorlesung:
„Erfurt wird bald den ersten Jahrestag des Amoklaufes von Robert Steinhäuser erleben. Ein zentrales Thema wird dann sein, ob wir in der Zwischenzeit überzeugende Antworten auf die Fragen gefunden haben, die die Tat aufgeworfen hat. Mein Beitrag wird heute der sein, zur Biographie von Jugendgewalt zu sprechen.
Auf dieses Thema möchte ich mich allerdings nicht beschränken. Es erscheint sinnvoll, auch die Kehrseite der Medaille zu betrachten und Zivilcourage und Hilfsbereitschaft ins Blickfeld zu rücken. Der Zusammenhang liegt auf der Hand: Je häufiger sich Menschen der Gewalt entgegen stellen und sich in Notsituationen für andere einsetzen, um so weniger Chancen gibt es für gewalttätiges Handeln und um so wirksamer fällt die Hilfe für die Opfer von Gewalt aus. Ich will deshalb mit der Frage beginnen, welche Erkenntnisse die Wissenschaft zur Biographie von Zivilcourage und Hilfsbereitschaft erarbeitet hat. ... Aber welche Gemeinsamkeiten haben sich in der Biographie von Menschen gezeigt, die durch ... couragiertes und hilfsbereites Verhalten aufgefallen sind? Die Erkenntnisse der Wissenschaft lassen sich in vier Punkten zusammenfassen:
1. Gewaltfreie Erziehung fördert den aufrechten Gang. ...
2. Liebevolle Erziehung fördert die Fähigkeit, Mitleid zu empfinden und danach zu handeln. ... 3. Die Gleichrangigkeit der Eltern fördert die Moral der Kinder. ...
4. Eine Kultur der Anerkennung fördert couragiertes Verhalten. ...
Die vier Punkte zeigen, welche Einflussfaktoren das Entstehen und Wachsen von Zivilcourage fördern. Zu klären bleibt, warum hier Frauen im Vordergrund stehen und warum sich zur Gewalt das Gegenteil abzeichnet. Letzteres wird am Beispiel der Amokläufer besonders deutlich. Bei ihnen handelt es sich weltweit zu etwa 95 Prozent um Männer. Ein ähnliches Bild vermitteln die Daten der polizeilichen Kriminalstatistik zur insgesamt registrierten Gewaltkriminalität. ... Welche Erklärungen werden für diese geschlechtsspezifischen Besonderheiten angeboten?
... Und schließlich gibt es einen vierten Faktor, der im Hinblick auf die wachsende Diskrepanz bei der Gewaltkriminalität von männlichen und weiblichen Jugendlichen und Heranwachsenden Beachtung verdient: Der stark wachsende Anteil der Jungen, die sich täglich Horrorfilme anschauen. Schulforscher der Universität Eichstätt haben kürzlich belegt, dass sich ihre Quote zwischen 1994 und 1999 von 13,1 % auf 17,8 % aller 11- bis 18-Jährigen erhöht hat. Die Mehrheit von ihnen dürfte inzwischen pro Woche mindestens einmal einen jugendgefährdenden Film mit brutalen Gewaltexzessen konsumieren. Mädchen dagegen haben nach wie vor an solchen Filmen vergleichsweise wenig Interesse.
Zu den Auswirkungen, die der ... Medienkonsum auf die primär männlichen Zuschauer hat, gibt es von Seiten der Medienwissenschaften erstaunlich wenig präzise Aussagen. Da muss man schon die moderne Hirnforschung heranziehen, um fündig zu werden. So betonen die Professoren Roth und Scheich, dass Kinder und Jugendliche die Bilder von filmischen Gewaltexzessen weit intensiver in ihrem Gedächtnis speichern als Erwachsene, weil ihr noch ständig wachsendes Gehirn für emotional hoch besetzte Informationen äußerst aufnahmebereit ist. Ferner weisen sie darauf hin, dass die zunächst nur im Kurzzeitgedächtnis gespeicherten Informationen des Schulunterrichtes weitgehend verblassen, wenn solche Filme nachmittags oder abends die volle Aufmerksamkeit des Jugendlichen in Anspruch nehmen. Und schließlich machen Kriminologen auf die Gefährdung aufmerksam, die von derartigen Gewaltfilmen für die kleine Risikogruppe von etwa 10 Prozent der männlichen Jugendlichen ausgeht, die ohnehin durch familiäre und soziale Probleme in ihrer Entwicklung gefährdet sind. Wenn männliche Gewalt als Problemlöser und Erfolgsmodell verherrlicht wird, bestärkt das bei ihnen die bereits vorhandene Machoorientierung und baut Hemmungen ab, selber Gewalt einzusetzen.
Auch der Amoklauf von Erfurt gibt Anlass dazu, dieses Thema anzusprechen. Bei dem Täter wie bei vielen anderen der jüngeren Amokläufer fällt eines auf: ihre Tötungsfantasien und ihr Vorgehen haben sie offenkundig an Bildern aus Computerspielen oder Horrorfilmen konkretisiert. Das trifft für die Schüler von Littleton ebenso zu wie auf den Täter von Reichenhall oder den 19-jährigen Robert Steinhäuser. Die Polizei hat bei ihm später mehrere als jugendgefährdend eingestufte PC-Spiele und Gewaltfilme gefunden und von Mitschülern erfahren, dass er sich mit ihnen intensiv beschäftigt hat.
Angesichts dieser Erkenntnisse stellt sich die Frage, wie der Staat den ineffektiv ge- wordenen Jugendschutz wieder stärken könnte. Hierfür kommen mehrere Wege in Betracht. So könnte versucht werden, durch gesetzliche Regelungen zu erzwingen, dass die Ausstrahlung jugendgefährdender Filme im Fernsehen noch stärker als bisher eingeschränkt oder sogar vollständig verboten wird. Offen ist dann allerdings, wem im Hinblick auf die verschiedenen Typen von Filmen und sonstigen Sendungen die Definitionsmacht zur Feststellung der Jugendgefährdung übertragen werden sollte. Ferner dürfte sich als große Hürde erweisen, dass gegen diese Lösung des Problems erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken gelten gemacht werden.
Angesichts dieser Schwierigkeiten habe ich versucht, das Ziel einer Reduktion von Gewaltexzessen im Fernsehen durch einen Appell an die Werbepartner der privaten Fernsehsender zu erreichen. Letztes Jahr habe ich bei 60 Firmen angefragt, ob sie angesichts der oben dargelegten Gefahren nicht darauf verzichten wollen, in jugendgefährdenden Gewaltfilmen zu werben, die gegenwärtig erst nach 22 Uhr bzw. 23 Uhr gesendet werden dürfen. Kürzlich hat sich ferner Bundespräsident Rau in einem Ster- Interview mit einem entsprechenden Aufruf an die deutsche Wirtschaft gewandt. Hätten wir damit Erfolg, müssten die privaten Fernsehsender zur Erzielung von Werbeeinnahmen bessere Filme anbieten. Das Ergebnis dieser Bemühungen lässt sich noch nicht genau einschätzen. Die Hälfte der von mir angeschriebenen Firmen hat bisher noch nicht reagiert. 15 haben sich skeptisch bis ablehnend geäußert. 16 haben allerdings ausgesprochen positiv auf meine Anfrage geantwortet und angekündigt, dass sie ihr Werbeverhalten ändern werden. Darunter befinden sich immerhin Weltfirmen wie Volkswagen, Toyota und Microsoft. Das macht Mut, auf dem eingeschlagenen Weg weiterzugehen.
Als dritter Weg kommt schließlich in Betracht, die Medienpädagogik an Schulen qualitativ erheblich zu verbessern und auszubauen. Gegenwärtig gibt es zu wenig Lehrer und Lehrerinnen, die in der Lage sind, einen sachlich breit fundierten und interessant gestalteten Unterricht zu diesem Themenkomplex anzubieten. Es mangelt an Fortbildung und an gutem Unterrichtsmaterial. Das, was die Forschung bisher zu den Auswirkungen von Gewaltexzessen in Filmen und PC-Spielen erarbeitet hat, ist bisher nicht zu den Schulen transferiert worden. Dieses Problem besteht europaweit. Es ist deshalb zu begrüßen, dass die EU-Kommissarin für Bildung und Kultur, Viviane Reding, im Herbst dieses Jahres eine Initiative zur Medienpädagogik an den Schulen starten will.
Weitere Konsequenzen, die sich aus den dargestellten Forschungsbefunden zur Gewaltprävention ableiten lassen, können hier nur stichwortartig und beispielhaft genannt werden. Die beiden zentralen Ansatzpunkte liegen auf der Hand: Stärkung der Leistungskraft und Erziehungskompetenz von Familie und Schule. Im Einzelnen heißt das zum Beispiel: Elternschulen, angedockt an Kindergärten, die die Lust an gewaltfreier Erziehung vermitteln; Schulen, die nicht nur Wissensvermittlung betreiben, sondern soziales Lernen ermöglichen; Früherkennung innerfamiliärer Gewalt durch Fachkräfte, die Kindern an Schulen ihre Hilfe unter Zusicherung strikter Verschwiegenheit anbieten; engere Zusammenarbeit von Sportvereinen und Schulen, damit der Sport sein Potential als Schutzimpfung gegen Gewalt entfalten kann; Stärkung einer Kultur der Anerkennung und des Hinschauens an Schulen durch Ausbildung von Konfliktlotsen und positive Wahrnehmung des sozialen Engagements von jungen Menschen; und schließlich ein entschlossenes Vorgehen gegen Schuleschwänzen, etwa nach dem Vorbild Niedersachsens, das hierzu über seinen Landespräventionsrat ein vernetztes Konzept der Zusammenarbeit von Schule, Jugendhilfe und Polizei erarbeitet hat.
Eines müssen wir uns dabei freilich klar machen: Es gibt keinen Königsweg der Prävention von Jugendgewalt. Wenn wir hier Erfolg haben wollen, müssen wir das oben skizzierte Konzept eines Bündels verschiedener Maßnahmen gleichzeitig in Gang bringen. Wenn wir das tun, wird sich bald eines deutlich zeigen: Es ist kein Naturgesetz, dass die Jugendgewalt steigt.“
Ein in Teilen übereinstimmender Vortrag von Prof. Dr. Pfeiffer kann abgerufen werden unter http://www.mj.niedersachsen.de/functions/downloadObject/0,,c1408604_s20,00.pdf
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Studie des Sozialwissenschaftlers Rowell Huesmann / Michigan- Universität zu den Auswirkungen medialer Gewaltdarstellung
Die Langzeitstudie zeigt insbesondere den Zusammenhang zwischen Konsum von Gewalt- und Horrorfilmen durch Kinder und langfristigen Wesensänderungen beim Heranwachsen auf. (vgl. Zeitschrift „Developmental Psychology“, Bd. 39)
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Broschüre „Ist Gewaltprävention gechlechtsblind?“
Die Dokumentation einer von DFK und Bundesarbeitsgemeinschaft Katholischer Jugendsozialarbeit im Oktober 2002 ausgerichtetenWerkstatttagung zur Frage der Prävention von Gewalt und Fremdenfeindlichkeit bei Jungen und Mädchen liegt vor und kann bei der BAG Katholische Jugendsozialarbeit (e- mail:dagmar.riegel@jugendsozialarbeit.de) für 10 € inkl.Porto bestellt werden.
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ProjektN.Navigo...
richtet sich an Kinder und Jugendliche zwischen 10 und 18 Jahren. Sie sollen Gefährdungen erkennen und in den Blick nehmen. Ihr Problembewußtsein ist der Ausgangspunkt präventiver Maßnahmen. Mit dem Projekt will die Katholische Landesarbeitsgemeinschaft Kinder und Jugendschutz NW e.V. Kinder und Jugendliche bitten, sich mit ihren Lebensbedingungen auseinanderzusetzen. Weitere Infos www.thema-jugend.de/navigo
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Videofilme über Gewalt in der Familie und gangbare Wege der Prävention
In einem Gemeinschaftsprojekt haben der Schweizerische Bund für Elternbildung (SBE), die Stiftung für audiovisuelle Bildungsangebote (SSAB) und die Dryas Filmproduktion vier Videofilme über Gewalt in der Familie und gangbare Wege der Prävention produziert.
Bei «Wir wollen doch gute Eltern sein» geht es um Gewalt gegen Säuglinge und Kleinkinder; «Er bringt uns an unsere Grenzen» thematisiert das schwierige Kind; bei «Ausgerechnet du» geht es um sexuelle Ausbeutung in der Familie; «Meine Kinder sollen es besser haben als ich» zeigt, wie Überforderung Elternliebe in Gewalt umschlagen lässt.
Es werden authentische Berichte von unmittelbar Betroffenen umgesetzt; dabei geben auch Täter Einblicke in ihren seelischen Zustand, der in Gewalt mündete. Begleitet werden alle Filme von einer ausführlichen Broschüre, thematischen Hintergrundinformationen, einer Liste weiterführender Literatur sowie regionalen und lokalen Anlaufstationen. Jedem der halbstündigen Filme folgt eine Sequenz mit Szenen, welche andeuten, dass es auch Wege gibt, die Gewaltspirale zu brechen.
Um das Angebot breit zu fächern, wurden die Filme in nicht weniger als 13 Sprachen synchronisiert, die zugehörigen Broschüren in die entsprechenden Sprachen übersetzt, darunter auch ins Türkische, Albanische und Serbokroatische.
Die Begleitbroschüren richten sich insbesondere an Eltern- und Erwachsenenbildner und - bildnerinnen, Lehrpersonal der Sekundarstufe II, Pflegepersonal, aber auch an die Polizei. An einer Fachtagung am 20. März hat der SBE das Thema Gewaltprävention in Familien vertieft.
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Buchtip
Horst Petri: Der Verrat an der jungen Generation. Welche Werte die Gesellschaft Jugendlichen vorenthält, Freiburg 2002
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Gefahrenabwehr durch anonyme Anzeigen: Crimestoppers in Großbritannien / GB und in den Niederlanden / NL
Bei den Crimestopper-Projekten in Großbritannien und in den Niederlanden handelt es sich um die Einrichtung von Telefonzentralen bei denen Bürger anonym Straftaten und Gefahren anzeigen können.
Ein solches Projekt wird in GB bereits seit mehreren Jahren durchgeführt. Nähere Informationen können unter www.homeoffice.gov.uk/rds/prgpdfs/brf1002.pdf abgerufen werden.
Während „Crimestoppers“ in GB eine Einrichtung der Polizei ist, haben die Niederländer bewußt einen anderen Weg gewählt. Im September 2002 wurde in NL ein Pilotprojekt gestartet. Beteiligte sind das Justiz- und das Innenministeriums sowie die nationalen Verbände der Versicherungs- und der Bankwirtschaft. Für das Projekt stehen 1 Millionen € zu gleichen Teilen aus öffentlichen und privaten Mitteln zur Verfügung. Eine Evaluation ist Bestandteil des Projektes.
Angestellte - ohne hoheitliche Rechtsstellung / polizeiliche Befugnisse - nehmen in dem sog. „Frontoffice“ die Telefonanrufe entgegen. Die Zentrale ist täglich von 10.00 bis 22.00 Uhr besetzt. Die erlangten Informationen werden nach dem Gespräch an das sog. "Backoffice" weitergegeben. Dabei kann es sich um eine örtliche zuständige Polizeidienststelle handeln, aber auch um eine Zentrale einer Bank oder einer Versicherung. In den ersten drei Monaten des Projekts wurden 14 000 Anrufe entgegengenommen, aus denen ca. 1500 Ermittlungen abgeleitet werden konnten.
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„Die folgenden Beiträge wurden mit freundlicher Genehmigung der Verfasser aus dem Polizei-Newsletter entnommen. Der POLIZEI-NEWSLETTER ist ein Kooperationsprodukt von TC TeamConsult (Schweiz) und dem Lehrstuhl für Kriminologie der Universität Bochum. Der vollständige Newsletter kann unter www.polizei-newsletter.de eingesehen werden.“
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Informationen und Manuskripte des Deutschen Jugendinstituts online
Unter www.dji.de sind Forschungs- und Jahresberichte des Deutschen Jugendinstituts in München online verfügbar. Dort kann man auch das DJI -Bulletin kostenlos abonnieren.
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Muster abweichenden Verhaltens Eine englische Studie zu abweichendem Verhalten untersucht unter Rückgriff auf den Straftäterindex abweichende Verhaltensentwicklungen in Abschnitten von jeweils 5 Jahren - im Gegensatz zum konventionellen Ansatz, abweichendes Verhalten über die Zeitspanne eines ganzen Lebens zusammenzufassen. Durch die neue Herangehensweise lassen sich Geschlechts- und Altersprofile zu bestimmten Typen kriminellen Verhaltens ausmachen und die Chancen einer Rückfälligkeit und von Verschiebungen im Kriminalitätsprofil bestimmen. Zentrale Ergebnisse der Untersuchung: Das abweichende Verhalten der 1953 geborenen männlichen Untersuchten weist eine größere Bandbreite von Kriminalitätsmustern auf als das der weiblichen. Die männlichen Untersuchten sind außerdem viel stärker als die weiblichen in ihren jeweiligen Abweichungsmustern einer bestimmten Altersgruppe zuzuordnen. Ausführlicher Bericht unter www.homeoffice.gov.uk/rds/rfpubs1.html .
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Stimulation seeking und Intelligenz: Eine Langzeitstudie
Unter stimulation seeking versteht man die Suche nach sensorischen Reizen und somit das Bedürfnis nach sensorischer Stimulation. Kinder mit hohem stimulation seeking -Verhalten wirken oft neugierig und wenig ängstlich, da sie sich vorzugsweise neuen Gegenständen, Aktivitäten oder Lebewesen in ihrer Umwelt zuwenden. Sie möchten alles ausprobieren. Eine Langzeitstudie hat herausgefunden, dass hohes stimulation seeking -Verhalten im Kleinkindalter mit späterer höherer Intelligenz (bis zu 12 IQ-Punkte) zusammenhängt. Man vermutet, dass sich Kinder, die hohe Stimulationssuche zeigen, eine reizreichere Umwelt schaffen, welche wiederum die kognitive Entwicklung des Kindes fördert. Quelle: A. Raine, C. Reynolds, P.H. Venables, S.A. Mednick: Stimulation seeking and Intelligence: A Prospective Longitudinal Study. In: Journal of Personality and Social Psychology 2002, Vol. 82, No. 4, 663-674.
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Berliner CRIME Studie zur chronischen Rückfalldelinquenz im individuellen menschlichen Entwicklungsverlauf
Das Berliner Institut für forensische Psychiatrie untersucht derzeit unter Leitung von Prof. Dahle Langzeitverläufe delinquenter und krimineller Verhaltensmuster im Lebenszyklus männlicher (z.T. ehemaliger) Rechtsbrecher anhand einer Stichprobe an 397 ehemaligen Strafgefangenen, die erstmals 1976 als unselektierte Stichprobe untersucht wurden. Das Projekt versucht, die Hintergründe für unterschiedliche Verlaufsformen der krimineller Aktivitäten aufzuklären. Zudem werden prognostische Methoden zur Vorhersage von Rückfalldelinquenz in unterschiedlichen Entwicklungsphasen von straffällig Gewordenen entwickelt und überprüft. Weiteres Ziel ist die Untersuchung von Voraussetzungen und Effizienz therapeutischer Interventionen bei Personen mit unterschiedlicher biographischer und delinquenter Entwicklung. Als pdf -Dokument zum Download unter: http://www.forensik-berlin.de/ verfügbar.
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3. Termine
Aktuelle Termine finden Sie auf unserer Homepage unter Stichwort Kalender !
28. – 29. März 2003 1. Internationale Ostsseekonferenz Kriminalprävention in Lübeck (www.schleswig-holstein.de)
10. April 2003 Gewaltpräsentation (k)ein Thema für Kinderfilm und Fernsehen? Kurzfilme und Podiumsdiskussion in Erfurt
28. – 29. April 2003 8. Deutscher Präventionstag in Hannover (www.praeventionstag.de) -------------------------------------------------------------------
4. Verschiedenes
Ende Februar 2003 ist die neue Ausgabe von forum kriminalprävention mit dem Themenschwerpunkt Prävention von Gewalt- und Hasskriminalität erschienen.
Der DFK-Geschäftsbericht 2001/2002 kann bei der Geschäftsstelle dfk@kriminalpraevention.de angefordert werden. Der Versand erfolgt unfrei.
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Der DFK-NEWSLETTER ist ein Produkt der DFK-Geschäftsstelle und kann unter der DFK- Homepage: http://www.kriminalpraevention.de abonniert werden. Bei Darstellungsproblemen kontaktieren Sie bitte unseren Administrator Andreas Kossiski unter der email-Adresse: Andreas.Kossiski@kriminalpraevention.de Um den DFK-Newsletter zu verlassen, schreiben Sie eine Mail an: dfk@kriminalpraevention.de
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