DFK-Newsletter 87 (März 2013)
Liebe Leserinnen und Leser,
„Selbst denken“ und „eigenständig handeln“ ist nicht ganz leicht, obgleichbeides im Sinne humanistischer Erziehungsziele unserem modernen Weltbild entspricht. Die menschliche Grundkonstitution und die momentane gesellschaftliche Grundkonstellation scheinen jedoch mehr darauf angelegt zu sein, sich am Mainstream der Gruppe zu orientieren. Sozialpsychologische Studien (Harald Welzer et al 2013) kommen zu dem Ergebnis, dass weniger die Charaktereigenschaften „eigenständiges Handeln“ bedingen als vielmehr die Urteilsfähigkeit, - auch in scheinbar alternativlosen Situationen - Handlungsmöglichkeiten zu erkennen, solidarische Freunde und Netzwerke zu finden, in diesen zu kooperieren, sowie Mut zu haben, den ersten Schritt zu wagen. Daher sind moralische und politische Unterscheidungs- und Handlungsfähigkeit – neben sozialen und emotionalen Kompetenzen - wichtige Erziehungsziele und Bestandteile entwicklungsbezogener Präventionsarbeit.
1. DFK-Projekt „Entwicklungsförderung & Gewaltprävention für junge Menschen“
Beim 18. Deutschen Präventionstag (DPT) in Bielefeld stellt das DFK im ersten Vortragsblock das DFK-Projekt „Entwicklungsförderung & Gewaltprävention für junge Menschen“ vor. Sachverständige Experten diskutieren den Ansatz sowie die Qualitätsanforderungen. Ein Handout zu entwicklungs- und qualitätsbezogener Präventionsarbeit ist geplant.
18. DPT, Bielefeld, 22. April 2013, 14:00 – 15:00 Uhr, Konferenzraum 8: DFK-Projekt „Entwicklungsförderung & Gewaltprävention für junge Menschen – Kriterienkatalog für wirksame Präventionsarbeit“: Präsentation und Diskussion mit Prof. Dr. Andreas Beelmann, Dr. Christian Böhm, Prof. Dr. Nina Heinrichs, Wolfgang Kahl, Prof. Dr. Siegfried Preiser und Prof. Dr. Herbert Scheithauer.Weitere Informationen hier.
2. Aktuelle Ausgabe von forum kriminalprävention (1/2013): Regionale Sicherheitsanalysen und Prävention
Ausgangspunkt einer rationalen Präventionsstrategie sollte auf kommunaler Ebene eine möglichst umfassende Bestandsaufnahme der lokalen Rahmenbedingungen in Form einer „Kriminologischen Regionalanalyse“ sein. Wesentliche Bestandteile sind neben sozio-ökonomischen Daten der Region ein statistisch-analytisches Kriminalitätslagebild, die Erkundung des Dunkelfeldes sowie die subjektive Kriminalitätswahrnehmung der Bevölkerung. Wünschenswert und möglich ist systemisches Vorgehen, wie Manfred Rolfes & Jan Lorenz Wilhelm in ihrem Beitrag „Gemeinsam für mehr Lebensqualität in Wilhelmshaven“ aufzeigen. Zu den „Ergebnissen einer Bürgerbefragung in der ländlich geprägten Region Vechta zum (Un-)sicherheitsempfinden der Bevölkerung“ berichten Yvette Vöschow, Wiebke Janßen & Marlene Helms. Weiterhin analysieren Manfred Bornewasser, Peter Balschmiter & Martin Wiese die „objektive Kriminalitätslage und subjektive Kriminalitätsfurcht auf der Insel Usedom“ und schlussfolgern, dass dort aufwändige Präventionsmaßnahmen gar nicht notwendig seien. Im Beitrag von Claudia Heinzelmann & Frederick Groeger-Roth geht es schließlich um den Dreiklang „Sicherheitserhebungen, Präventionsprogramme und Wirkungsüberprüfung.“ Aus landespolitischer Perspektive betrachten Katharina Raue (MdL) & Thomas Beckgerd die „Grundlagen kommunaler Präventionsarbeit in Rheinland-Pfalz“. Zur weiteren Vertiefung weise ich gerne auf die Abschlussveranstaltung des Projektes „DynASS – Dynamische Arrangements städtischer Sicherheitskultur“ am 12. -13. April 2013 in Berlin hin.
Um Tat und Dynamik schwerer zielgerichteter Jugendgewalt zu verhindern haben Herbert Scheithauer, Johanna Scholl, Friederike Sommer, Nora Fiedler & Vincenz Leuschner das Projekt „NETWASS – Networks Against School Shootings“ durchgeführt und berichten darüber.
Die Polizei startet in Kooperation mit dem WEISSEN RING eine bundesweite Kampagne gegen Kindesmissbrauch: „Missbrauch verhindern!“ – Schützen Sie Kinder durch ihr Handeln. Viktoria Jerke von ProPK präsentiert Kampagne und Kernbotschaften.
In der Rubrik International wird der Gewinner des Europäischen Präventionspreises – das Projekt „Your Police Officer“ vorgestellt und von der Konferenz des Europäischen Netzwerkes für Kriminalprävention (EUCPN) in Nikosia berichtet. „Europäische Visionen zur Zukunft der Prävention“ beinhaltet das „Manifest des Europäischen Forums für Urbane Sicherheit“ anlässlich des Konferenz „Sicherheit, Demokratie und Städte: Die Zukunft der Prävention.“
Zur Online-Ausgabe geht es hier.
3. Jugendkriminalität und –gewalt: Ergebnisse des bei der Deutschen Hochschule der Polizei (DHPol) koordinierten internationalen Forschungsprojektes „YouPrev“
Die Abschlussberichte des von der europäischen Kommission geförderten Forschungsprojekts „Youth deviance and youth violence: A European multi-agency perspective on best practices in prevention and control (YouPrev)“ sind seit kurzem auf der Projekthomepage veröffentlicht. Dort finden Sie den vollständigen deutschen Abschlussbericht sowie Fortbildungsmaterialien / Broschüren, die im Rahmen des Projekts für die Bereiche Polizei und Soziale Arbeit erarbeitet wurden.
4. Bundesweites Hilfetelefon "Gewalt gegen Frauen" 08000 116 016
Gewalt gegen Frauen gehört in Deutschland leider zum Alltag. 40 Prozent sind schon einmal Opfer von körperlicher oder sexueller Gewalt geworden. Nur rund 20 Prozent der betroffenen Frauen finden tatsächlich den Weg zu den zahlreichen qualifizierten Beratungs- und Unterstützungsangeboten. An dieser Stelle setzt das neue am 7. März 2013 gestartete bundesweite Hilfetelefon des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) mit seinem Rund-um-die-Uhr-Angebot an.
Unter der kostenlosen Telefonnummer 08000 116 016 ist das Hilfetelefon jederzeit erreichbar. Kompetente Ansprechpartnerinnen stehen betroffenen Frauen bei allen Fragen zur Seite. Auf Wunsch werden Hilfesuchende an Unterstützungseinrichtungen vor Ort weitervermittelt. Das Hilfetelefon berät zu allen Formen von Gewalt gegen Frauen. Neben den betroffenen Frauen können sich auch Angehörige, Freunde und andere Menschen aus dem sozialen Umfeld sowie Fachkräfte an das Hilfetelefon wenden.
Als ortsunabhängige und bei Bedarf mehrsprachige 24-Stunden-Beratung schließt das neue Angebot die Lücke im Netzwerk der Unterstützungseinrichtungen. Frauen finden mit dem Hilfetelefon leichter den Weg zu den ausdifferenzierten und qualifizierten Beratungs- und Schutzeinrichtungen vor Ort. Auf www.hilfetelefon.de können Frauen auch über eine gesicherte, anonyme und barrierefreie Online-Verbindung Kontakt zu den Beraterinnen aufnehmen.
5. Studie zum Einsatz von "künstlicher DNA" in der Kriminalprävention
Der Landespräventionsrat Brandenburg hat am 05.03.2013 die Explorationsstudie "Förderung von kriminalpräventiven Projekten zum Eigentumsschutz durch Einsatz von 'künstlicher DNA'" veröffentlicht. Erstellt wurde die Studie von Marcus Kober vom Europäischen Zentrum für Kriminalprävention e.V. (EZK).
6. Amok, School Shooting, terroristische Einzeltaten: Neuer Forschungsverbund zu bisherigen Fällen und Präventionsmöglichkeiten (TARGET)
Renommierte nationale Arbeitsgruppen zu den Themen Amoklauf und School-Shootings bündeln ihre Expertise in einem neuen Forschungsverbund: Sie kooperieren im Projekt „Tat- und Fallanalysen hochexpressiver zielgerichteter Gewalt (TARGET)“, das am 19.03.2013 in Berlin vorgestellt wurde. Durch die Untersuchung und aus dem Vergleich bisheriger Taten jugendlicher Einzeltäter in Deutschland sollen Erkenntnisse zur Gewaltprävention abgeleitet werden. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert das Vorhaben in den kommenden drei Jahren mit mehr als drei Millionen Euro.
Im Rahmen des Projekts TARGET werden alle deutschen Fälle hochexpressiver, zielgerichteter Gewalt durch jugendliche Einzeltäter (Amok, School Shooting, terroristische Einzeltaten) unter verschiedenen Perspektiven analysiert. Ziel ist es, den Entwicklungsprozess im Vorfeld einer Tat und den Tatablauf zu beschreiben und interdisziplinär konsensfähige, empirisch-begründete Entwicklungsmodelle zu erarbeiten. In einem zweiten Schritt sollen diese Vorfälle ähnlichen Taten gegenübergestellt werden: Hierfür werden Vergleichsgruppen wie Amokläufe von Erwachsenen, terroristische Anschläge von Einzeltätern und Tötungsdelikte von Jugendlichen definiert und Vergleichsfallanalysen vorgenommen, um mögliche Risikofaktoren zu überprüfen.
An dem Projekt TARGET sind beteiligt: die Freie Universität Berlin (Koordination: Prof. Dr. Herbert Scheithauer, Dr. Vinzenz Leuschner), die Justus-Liebig-Universität Gießen (Prof. Dr. Britta Bannenberg), die Universitäten Bielefeld (Prof. Dr. Andreas Zick) und Konstanz (Prof. Dr. Jerome Endrass), die Deutsche Hochschule der Polizei (Prof. Dr. Thomas Görgen) und das Institut Psychologie und Bedrohungsmanagement Darmstadt (Dr. Jens Hoffmann). Vertreten sind unter anderem Wissenschaftler aus Psychologie, Kriminologie, Psychiatrie/Forensik, Soziologie und Pädagogik. Durch einen Beirat sind deutsche und internationale Wissenschaftler sowie Fachleute aus der Praxis in das Projekt einbezogen.
7. Wissenschaftliche Fachtagung der Kriminologischen Gesellschaft (KrimG) vom 26.-28.09.2013 in Fribourg (Schweiz): „Call for Papers“
Die 13. Fachtagung hat das Thema „Risiken der Sicherheitsgesellschaft. Sicherheit, Risiko und Kriminalpolitik.“ Die Mitglieder der Gesellschaft und alle anderen Interessierten werden freundlich gebeten, Vorschläge für eigene Beiträge einzureichen. Alle Vorschläge werden bis zum 31. Juli 2013 an die Adresse des verantwortlichen Veranstalters, KrimG-Präsident Prof. Dr. Marcel Niggli (marcel.niggli@unifr.ch) erbeten. Details zur Tagung werden sobald wie möglich auf der Homepage der Veranstaltung und zusätzlich durch Rundmails an die Beteiligten mitgeteilt werden.
8. Abschlusskonferenz des Forschungsprojektes DynASS "Das Versprechen der sicheren Stadt"
Am 12. und 13. April 2013 findet in Berlin die Abschlusskonferenz des Forschungsprojektes Dynamische Arrangements städtischer Sicherheitskultur (DynASS) mit dem Titel „Das Versprechen der Sicheren Stadt - Akteure, Bilder und Kulturen in der Sicherheitsproduktion“ statt.
Auf der Konferenz werden die Forschungsergebnisse von DynASS vorgestellt und reflektiert, vor allem aber mit wissenschaftlichen Erkenntnissen anderer Forschungsprojekte gespiegelt und ergänzt. Austausch, Vernetzung und der Ausblick auf zukünftige Themenstellungen der Forschung im Kontext von Sicherheit und Stadtentwicklung sind damit wesentliche Anliegen der Konferenz.
An den zwei Konferenztagen werden sechs thematische Panels mit jeweils vier Beiträgen stattfinden. Am Abend des 12. April hält Stephen Graham einen Vortrag mit dem Titel „Cities and the politics of security“.
9. Bewerbungsstart „Helfende Hand 2013“
Bundesinnenminister Dr. Hans-Peter Friedrich ruft alle Ehrenamtlichen im Bevölkerungsschutz auf, sich um den Förderpreis "Helfende Hand 2013" zu bewerben. Bis zum 31. Juli können Bewerbungen und Vorschläge für den BMI-Förderpreis eingereicht werden. Gesucht werden spannende Ideen, Projekte und Konzepte, die Menschen für das Ehrenamt im Bevölkerungsschutz begeistern können. Gesucht werden aber auch Unternehmen und Arbeitgeber, die durch ihre Unterstützung das freiwillige Engagement der Helferinnen und Helfer in den Organisationen des Bevölkerungsschutzes oft erst ermöglichen.
Der Bundesinnenminister wird am 18. Dezember 2013 in Berlin zum fünften Mal den BMI-Förderpreis "Helfende Hand" verleihen, welcher mit insgesamt 30.000 Euro dotiert ist. Die Onlinebewerbung sowie alle weiteren Informationen rund um den Preis finden Sie auf der nebenstehenden Internetseite des Förderpreises.
Der BMI-Förderpreis „Helfende Hand“ zeichnet Projekte in drei Kategorien aus:
- Nachwuchs- und Jugendarbeit zur Förderung und zum Erhalt des Ehrenamtes im Bevölkerungsschutz.
- Neue, innovative Konzepte zur Steigerung der Attraktivität des Ehrenamtes im Bevölkerungsschutz.
- Vorbildliches Arbeitgeberverhalten zur Unterstützung des Ehrenamtes im Bevölkerungsschutz.
Zum Schluss
Liebe Leserinnen und Leser, reichen Sie bitte ihren Mitmenschen eine helfende Hand. Vor unserem großen Zusammentreffen beim 18. Präventionstag (DPT) in Bielefeld wünsche ich vorab eine anregende Lektüre der aktuellen Ausgabe von forum kriminalprävention, die einen Monat später als gewohnt jetzt am 15. März erschienen ist. Damit verbunden der Hinweis auf den neuen Quartalsrhythmus: Mitte März, Mitte Juni, Mitte September, Mitter Dezember.
Schöne Ostertage und herzliche Grüße
Ihr Wolfgang Kahl